SPD-Kreistagsfraktion Rendsburg-Eckernförde

Rede zum Kreistag am 14.02.2022 von Iris Ploog -Nein zu Szenario 5-

Veröffentlicht am 20.02.2022, 15:53 Uhr     Druckversion

Frau Kreispräsidentin, Herr Landrat,

meine Damen und Herren,

für einige, ist die heutige Entscheidung wahrscheinlich ein Befreiungsschlag. Ich sage Ihnen, für die SPD ist es heute ein schwerer Tag.

 

Die Mehrheit für das Szenario 5 hat sich in den letzten Tagen abgezeichnet. Da konnte Sie scheinbar auch ein so starkes Signal, wie die 3.000 Menschen, die am Samstag in Eckernförde für den Erhalt der Grund- und Notfallversorgung mit Geburtshilfe auf der waren, nicht mehr beeindrucken. Ich finde es bitter, so ein Zeichen einfach zu ignorieren.

Ihre Eile wird begründet mit abwanderndem Personal und dem Wunsch einer klaren Entscheidung durch die Beschäftigten. 

Ich glaube auch, dass die Beschäftigten Klarheit möchten. Klarheit darüber, dass wir jede Einzelne und jeden Einzelnen von Ihnen schätzen und brauchen. 

Zu suggerieren, dass es nur bei Szenario 5 keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird, ist nachweislich meiner Nachfrage im Hauptausschuss falsch. Szenario 1 und Szenario 5 sehen ungefähr den gleichen Personalabbau vor, den wir im Gesundheitssystem angesichts des Fachkräftemangels sowieso für falsch halten. Bei rund 2.500Mitarbeiter*innen und der hohen Personalfluktuation sollte man sowieso nicht mit betriebsbedingten Kündigungen "drohen", weil das erfahrungsgemäß einen Personalexodus auslöst. 

Eine wie durch uns geforderte Beschäftigungsgarantie ist somit also überhaupt kein Problem!

Egal für welches Szenario man sich entscheidet, die SPD hat sich in der Vergangenheit und wird sich auch immer gegen betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. Bei einem so großen Personalkörper mit der damit verbundenen Personalfluktuation und dem langen Zeitraum z.B. der notwendigen Baumaßnahmen, erwarte ich von einer modernen Geschäftsführung, dass sie dieses ermöglicht.

Die 50 Mio. sind nur eine politische Absichtserklärung der Landtagsmehrheit. Es wurden bisher weder die haushaltsrechtlichen noch die fachlichen und formalen Vorrausetzungen geschaffen. Mit einem konkreten Förderbescheid ist sowieso erst in ein bis zwei Jahren zu rechnen- frühestens. 

Und das wäre ein Rekord, wenn ich an die langjährige Hängepartie um den ersten Investitionsantrag für Eckernförde erinnern darf. Wenn es denn alles so eilig gewesen ist und Szenario 1 im letzten Sommer noch die beste Lösung war,

-hierzu einmal das Zitat von Herrn Funk aus der shz am 02.07.2021:“ Wenn der politische Wille da ist, wäre das Szenario 1 für die Region die beste Variante.“ -

dann hätte doch die Landesregierung schon damals die benötigten 46 Mio. in Aussicht stellen können. Und sie hätte eventuell noch die Gelegenheit gehabt, diese in dieser Wahlperiode zu erfüllen. Es ist doch völlig aussichtslos bis Ende Mai einen Förderbescheid zu bekommen, insofern verspricht die Landesregierung etwas für eine Zeit, für die sie nicht mehr im Amt ist. Was danach ist, weiß niemand. Noch werden Wahlen am Wahltag vom Volk entschieden. Die 50 Mio. sind also in vielerlei Hinsicht ein ungedeckter Scheck.

Und warum gibt es diesen eigentlich nur für das Szenario 5? Noch im Mai 2020 hatte die Landesregierung doch explizit gesagt, dass gerade die Geburtshilfe oder die Notfallversorgung förderfähig sind.

Es hieß aus dem Gesundheitsministeriums:“ Die Investitionen, die im Versorgungsauftrag enthalten sind, wie z. B. die Geburtshilfe oder die Notfallversorgung sind förderfähig.“ (Eckernförder Zeitung, 28.05.2020)

Der SPD hat man vor 1,5 Jahren an der Stelle Panikmache unterstellt, weil wir bereits zu dem Zeitpunkt klar gemacht haben, dass die Reduzierung der Förderung von 19,8 Mio. € auf 10 Mio. € die Standortversorgung in Eckernförde extrem in Frage stellen würde.

Auch der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, Herr Albrecht, hatte sich damals klar zur Geburtshilfe geäußert. So lautete zum Beispiel ein Beitrag in den sozialen Medien am 29.05.2020: „Da auch die Kreispolitik zur Geburtshilfe in Eckernförde steht, ist diese gar nicht in Rede gestellt und wir freuen uns, wenn sie nach Corona wieder öffnet. Wer die werdenden Eltern an dieser Stelle vor Pfingsten unnötig verunsichert, der muss das vor sich selbst verantworten.“

Und wo stehen wir nun?

Wer sagt Ihnen eigentlich, dass das Konzept 5 wirklich das Bestmögliche ist? 

Noch vor einem halben Jahr hat Herr Funk noch für Konzept 1 geworben, wovon sie jetzt schon nichts mehr wissen wollen. Beim Konzept 5 sind schon jetzt viele Fragen nicht geklärt. Wie wollen sie den neuen Kreißsaal betreiben, wenn die Beleghebammen nicht in Rendsburg belegen, was sie am Samstag nochmal erklärt haben? 

Wie soll die Notfallversorgung in der Geriatrie und Psychiatrie in Eckernförde funktionieren, wenn es dort keine ZNA mehr gibt? In beiden Patientengruppen kommt es nach Auskunft der Ärzt*innen häufig zu Verletzungen. 

Wie wollen Sie das radiologische Zentrum in Eckernförde betreiben, wenn es sich mangels entsprechender Fälle für die dortigen Ärzte nicht mehr lohnt? Wie sollen Schul- und Arbeitsunfälle im Eckernförder Raum versorgt werden?

Wie soll die Verzahnung des ambulanten psychiatrischen Feldes, dass sich in Rendsburg gebildet hat mit einer Psychiatrie in Eckernförde funktionieren? Betreiber und Betroffene haben da ernsthafte Zweifel angemeldet.  (siehe dazu auch der heutige Artikel in der Landeszeitung: “Ich würde Panikattacken bekommen.“) 

Ich kann verstehen, wenn man ein weiteres Konzept macht, dass sich der Blick nach innen richtet. Aber jeden Tag meldet sich eine neue Gruppe, deren Belange bisher nicht berücksichtigt worden. Ein Krankenhaus ist aber keine Insel und wir wollen doch die ambulante und stationäre Versorgung zum Wohl der Menschen in unseren Kreis verbessern. 

Da ist es zumindest unklug, so viele wichtige Partner*innen, wie z. B. dem Gemeindepsychiatrischen Verbund regelrecht vor den Kopf zu stoßen.

Es mag ja sein, dass es für alle diese Fragen gute Antworten gibt, aber noch haben wir sie nicht gehört und was viel wichtiger ist, wenn Sie wirklich die Akteur*innenund die Menschen auf einen schwierigen Weg mitnehmen wollen, dann ist der schlechteste Weg eine Mischung aus Überfahren und Ignorieren. 

Diesen Eindruck haben nämlich die Menschen in Eckernförde. Selbst wenn der nicht richtig sein sollte, verpassen sie mit ihrer überhasteten Entscheidungsfindung, mit der schnelle Tatsachen geschaffen werden sollen, die Chance, dass die Menschen vor Ort wenigstens verstehen können, was sie tun. 

Wir haben heute darauf verzichtet, das Konzept 1 zur Abstimmung zu stellen, weil es auch dort noch offene Fragen gibt, die wir nicht klären konnten, weil sie zu keinerlei weiteren Prüfung und auch zu keinem Expertengespräch bereit waren. 

Unser Antrag am 20.01.2022 im Hauptausschuss fand dazu ja leider keine Mehrheit. 

Und ich sage Ihnen voraus, dass vieles, was sie jetzt als alternativlos darstellt, sich in Wirklichkeit trotzdem anders entwickeln wird, denn dafür sind viel zu viele Fragen ungeklärt. 

Da kann keine noch so geschickte Öffentlichkeitsarbeitdarüber hinwegtäuschen. Ich kann Sie nur auffordern, sich heute nicht auf dieses Konzept festzulegen.

Der Antrag auf Vertagung auf den 14.03.22 bietet die Möglichkeit, eine Anhörung von Expert*innen und wesentlichen Betroffenen im Rahmen öffentlicher Sitzungen nachzuholen. 

Wir begrüßen eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema nämlich sehr und sind an einem offenen Meinungsaustausch interessiert. 

Wir sollten diese Chance nun nutzen, um der erforderlichen Sorgfalt bei einer solch großen Entscheidung nachzukommen.




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