Veröffentlicht am 23.08.2018, 14:35 Uhr
Als ich die Fragestellung von dieser Woche las, ob die Linke in den ostdeutschen Ländern ein potentieller Bündnispartner für die Regierungsbildung sei, musste ich erstmal ein bisschen lachen. Die politische Realität in den ostdeutschen Ländern zeigt, dass die Frage eigentlich von vorgestern ist:<
In Mecklenburg-Vorpommern gab es unter dem damaligen SPD-Ministerpräsidenten Harald Ringstorff bereits vor 20 Jahren – von 1998 bis 2006 – eine rot-rote Landesregierung. Da hieß die Partei noch PDS.
In Brandenburg regiert die Linke seit 2009 mit. Zunächst unter Führung des SPD-Ministerpräsidenten Matthias Platzeck, inzwischen in der zweiten Legislaturperiode unter dem Sozialdemokraten Dietmar Woidke.
In Thüringen gibt es seit 2014 eine rot-rot-grüne Landesregierung. Ministerpräsident ist – man glaubt es kaum – der Linke Bodo Ramelow.
Und in Berlin regiert die Linke von 2002 bis 2011 unter Klaus Wowereit und seit 2016 im rot-rot-grünen Senat unter Michael Müller mit.
Im Osten Deutschlands dürfte diese Frage also bei vielen Bürgerinnen und Bürgern ebenfalls für Belustigung sorgen. Nicht so bei CDU-Mitgliedern und erst recht nicht bei denen aus dem Westen. Das konnten wir vor wenigen Tagen wieder beobachten, als der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Günther vorsichtig Verständnis für Brandenburgs CDU-Chef Ingo Senftleben zeigte. Der hatte angekündigt, er könne sich vorstellen, nach der Landtagswahl mit den Linken zu reden.
Der vorgebliche „Querdenker“ Günther wurde von seiner Partei schnell wieder eingenordet, aber die grundsätzliche Frage bleibt: Welche Regierungskonstellationen sind künftig in Parlamenten möglich, in denen sich bis zu sechs Parteien tummeln, darunter teilweise mit über 20 Prozent die rechtsextreme AfD?
Bedenklich an der Diskussion über die Äußerungen von Senftleben und Günther finde ich nicht das Ergebnis. Ich meine: Wer gestern noch mit Freude Rote-Socken-Kampagnen gefahren und Sozialdemokraten diffamiert hat, kann heute nicht mit der Linken koalieren (wollen). Das verstehe ich und es ist auch nicht eine Parteienlandschaft erstrebenswert, in der inhaltlich irgendwie alles zusammenzupassen scheint.
Bedenklich finde ich, dass offenbar kaum jemand gelesen hat, was Günther und Senftleben eigentlich gesagt haben, dass über Koalitionen schwadroniert wird, die niemand gefordert hat und dass die Diskussion mit dem Holzhammer beendet wird. Etwas weniger Schaum vorm Mund täte der politischen Kultur ganz gut.
Erschienen in der "Eckernförder Zeitung" vom 23.08.2018 auf die Frage: „Ist die Linke in den ostdeutschen Ländern ein potentieller Bündnispartner für die Regierungsbildung?“
Homepage: Sönke Rix, MdB